Was ist eigentlich ein Soulslike? – Die Regeln des Genres
Bevor ich ins Detail gehe, lass uns kurz darüber reden, was ein „Soulslike“ überhaupt ausmacht. Klar, es gibt keine offizielle Definition, aber über die Jahre hat sich eine gewisse Erwartungshaltung entwickelt, die diese Art von Spielen umgibt. Soulslikes haben meist:
- Schwierigkeitsgrad: Gnadenlos harte Kämpfe, bei denen jeder Fehler bestraft wird.
- Ressourcenmanagement: Begrenzte Heilgegenstände, die nur an bestimmten Punkten aufgefüllt werden können.
- Erkundung: Eine verzweigte Welt mit versteckten Abkürzungen und Geheimnissen.
- Bosskämpfe: Großartige, oft frustrierend schwierige Bossgegner.
- Lore: Eine kryptische, tiefgehende Hintergrundgeschichte, die meist nur durch mühsames Lesen von Item-Beschreibungen und NPC-Gesprächen zu entschlüsseln ist.
Das ist es, was Soulslike-Spiele ausmacht – und warum wir sie lieben. Doch Black Myth: Wukong? Es lehnt sich zwar in manchen Bereichen an diese Mechaniken an, aber das Gesamtgefühl ist einfach anders.
Der Unterschied im Kampfstil: Fließende Eleganz statt harter Strafen
Ein erster Punkt, der für mich klar macht, dass Black Myth kein Soulslike ist, liegt im Kampfsystem. Ja, es gibt eine gewisse Herausforderung, aber sie ist bei Weitem nicht so „bestrafend“ wie in einem klassischen Soulslike. In Dark Souls oder Sekiro hast du ständig das Gefühl, dass jeder Kampf dein letzter sein könnte. Ein falscher Schritt, und du bist tot. Black Myth: Wukong hingegen bietet ein dynamischeres und vor allem flexibleres Kampfsystem.
Wukong ist nicht einfach nur ein weiterer Krieger mit Schwert und Schild. Er kann sich in verschiedene Tiere und Kreaturen verwandeln, was ihm eine unglaubliche Vielseitigkeit im Kampf verleiht. Es gibt Momente, in denen er fast wie ein Akrobat wirkt – blitzschnell, wendig und immer in Bewegung. Im Gegensatz dazu sind Soulslike-Spiele oft schwerfälliger. Jeder Angriff muss mit Bedacht gewählt werden, und Timing ist alles.
Nimm zum Beispiel Sekiro: Shadows Die Twice. In Sekiro dreht sich alles um Timing, Paraden und das Aufbauen einer Haltung. Ein Fehler in deinem Timing, und du bist erledigt. In Black Myth hast du jedoch weitaus mehr Spielraum. Die Kämpfe fühlen sich eher wie eine fließende Choreographie an, statt der gnadenlosen Bestrafung, die wir in Soulslikes gewohnt sind. Manchmal erinnert es mich mehr an ein Actionspiel wie Devil May Cry als an Dark Souls.
Sekiro-Vergleich: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Der Vergleich zu Sekiro kommt häufig auf, weil beide Spiele in fernöstlichen Settings angesiedelt sind und einen hohen Schwierigkeitsgrad versprechen. Aber das sind eher oberflächliche Gemeinsamkeiten. Sekiro ist ein Spiel, das dich zwingt, die Mechanik bis ins kleinste Detail zu meistern. Es gibt wenig Raum für Fehler, und jeder Kampf ist eine Nervenprobe. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie oft ich bei bestimmten Bossen in Sekiro den Controller fast gegen die Wand geworfen hätte.
Black Myth: Wukong bietet zwar ebenfalls epische Bosskämpfe, aber sie fühlen sich zugänglicher an. Das liegt nicht nur an den vielen verschiedenen Fähigkeiten, die Wukong einsetzen kann, sondern auch an der Tatsache, dass das Spiel dir mehr Spielraum für Fehler lässt. Klar, du wirst sterben – oft sogar. Aber das Spiel verlangt nicht von dir, dass du jeden Move perfekt ausführst. Es gibt dir Tools, um auch mal kreativ zu sein und dich aus schwierigen Situationen zu retten.
Ein weiterer großer Unterschied ist die Art und Weise, wie Black Myth seine Geschichte erzählt. Sekiro ist – wie die meisten FromSoftware-Spiele – eher minimalistisch, was die Story betrifft. Du musst dir die Hintergrundgeschichte aus kryptischen Dialogen und versteckten Hinweisen zusammenreimen. Black Myth hingegen erzählt seine Geschichte viel direkter und zugänglicher. Es fühlt sich fast filmisch an, wie es die Erzählung vorantreibt. Die Legende des Affenkönigs ist tief in der chinesischen Kultur verwurzelt, und das Spiel nutzt diese Basis, um eine reiche, epische Geschichte zu erzählen, die nicht nur fragmentarisch ist, sondern dich von Anfang an in ihren Bann zieht.
Spielwelt und Erkundung: Weniger verwinkelt, mehr linear
Soulslike-Spiele zeichnen sich oft durch ihre verschachtelten, labyrinthartigen Welten aus. Die Dark Souls-Reihe und Bloodborne sind da perfekte Beispiele: Du findest eine versteckte Tür oder einen Fahrstuhl, und plötzlich bist du wieder an einem Ort, den du vor Stunden besucht hast. Diese nicht-linearen Welten, die voller Geheimnisse und Abkürzungen stecken, sind ein zentraler Bestandteil des Soulslike-Erlebnisses.
Black Myth hingegen scheint, zumindest nach dem, was wir bisher gesehen haben, linearer zu sein. Das bedeutet nicht, dass es keine versteckten Geheimnisse oder alternative Routen gibt – aber die Welt fühlt sich weniger verschachtelt und mehr wie eine klassische Action-Adventure-Erfahrung an. Du hast klar definierte Wege, die dich durch die verschiedenen Abschnitte des Spiels führen, und es ist unwahrscheinlicher, dass du stundenlang herumirrst, nur um festzustellen, dass du einen geheimen Pfad übersehen hast.
In dieser Hinsicht erinnert mich Black Myth mehr an Spiele wie God of War (2018), bei denen die Erkundung wichtig ist, aber die Weltstruktur insgesamt geradliniger bleibt.
Das Chinesische Setting: Ein kultureller Perspektivenwechsel
Einer der größten Unterschiede – und vielleicht der faszinierendste Aspekt von Black Myth – ist sein tiefes Eintauchen in die chinesische Mythologie. Wir haben in den letzten Jahren viele Spiele gesehen, die auf westlicher oder japanischer Mythologie basieren, aber das, was Black Myth bietet, ist etwas völlig anderes. Die Geschichte von Sun Wukong, dem Affenkönig, ist in der chinesischen Kultur fest verankert und gibt dem Spiel eine einzigartige Identität.
Im Gegensatz zu Sekiro: Shadow Die Twice, das sich stark an realen historischen Epochen Japans orientiert, bewegt sich Black Myth in einer Welt, die vollständig von Mythen und Legenden durchdrungen ist. Das gibt dem Spiel eine fast surreale Qualität, die ich in westlichen oder japanischen Spielen selten gesehen habe. Diese frische Perspektive macht das Spiel nicht nur visuell interessant, sondern auch narrativ anziehend.
Fazit: Kein Soulslike – und das ist gut so
Also, warum kann ich mit Sicherheit sagen, dass Black Myth: Wukong kein Soulslike ist? Ganz einfach: Es fühlt sich anders an. Es spielt sich anders. Und es bietet eine Erfahrung, die auf ihre eigene Art herausfordernd und faszinierend ist, ohne die gnadenlosen Mechaniken eines Soulslike-Spiels zu übernehmen. Stattdessen nutzt es die Stärke seiner Herkunft, um eine ganz neue Art von Action-Rollenspiel zu schaffen, das sowohl fordernd als auch zugänglich ist.
Natürlich gibt es Überschneidungen – das ist bei modernen Action-RPGs kaum zu vermeiden. Aber Black Myth geht seinen eigenen Weg, und das ist, was es so spannend macht. Es ist kein weiteres „Soulslike“. Es ist Black Myth: Wukong – und das ist mehr als genug.
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